Offener Verfassungsbruch beim Werbeverbot?
BVTE warnt CDU/CSU und SPD vor offenem Verfassungsbruch beim Werbeverbot für Tabak und E-Zigaretten / Rechtsgutachten belegt Verfassungswidrigkeit
(Berlin, 30.06.2020) Der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen für ein umfassendes, faktisch absolut wirkendes Werbeverbot für Tabakprodukte, E-Zigaretten und deren Nachfüllbehälter, der an diesem Donnerstag im Bundestag abschließend beraten werden soll, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Zu diesem Ergebnis kommt ein neues Rechtsgutachten der renommierten Kanzlei Redeker Sellner Dahs. Dies gelte schon für Tabakprodukte, umso mehr für risikoärmere E-Zigaretten und erst recht für solche E-Zigaretten, die überhaupt kein Nikotin enthalten.
Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE) Jan Mücke appellierte an die Parlamentarier, diesen offensichtlich verfassungswidrigen Entwurf nicht durchzuwinken: „Die geplanten umfassenden Werbeverbote für Tabakwaren und E-Zigaretten sind unverhältnismäßig und eine willkürliche Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte. Auch gesundheitspolitisch wäre es vollkommen kontraproduktiv, die Kommunikation zu potenziell weniger schädlichen Alternativen wie E-Zigaretten zu unterbinden, besonders wenn diese auch noch nikotinfrei sind.“
Vor der abschließenden zweiten und dritten Lesung des Gesetzesvorhabens im Bundestag an diesem Donnerstag stellt das Rechtsgutachten „Verfassungswidrigkeit neuer Werbeverbote für E-Zigaretten“ den Verbotsplänen von CDU/CSU und SPD ein ungenügendes Zeugnis aus. Diese bedeuteten einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Berufs-, Meinungs- und Kunstfreiheit, der mit den Gründen des Gesundheits- und Jugendschutzes nicht zu rechtfertigen sei. Umso mehr gelte dies für die Erstreckung der Werbeverbote auf E-Zigaretten. Gemäß einhelliger Auffassung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und des Deutschen Krebsforschungsinstituts (DKFZ) seien E-Zigaretten deutlich weniger gesundheitsschädlich als herkömmliche Tabakzigaretten. Durch ein Werbeverbot würden den Konsumentinnen und Konsumenten wertvolle Informationen über diese Alternative zum Rauchen vorenthalten werden. Für die nikotinfreien Varianten dieser Produkte, die nicht zu Nikotinabhängigkeit führen können und somit ein noch geringeres Risikopotenzial aufweisen, sei ein Verbot erst recht nicht zu rechtfertigen.
Verfassungsrechtliche Defizite dieses Gesetzesvorhabens sind von Experten wiederholt kritisiert worden. So äußerte der Leipziger Verfassungsrechtler Prof. Dr. Christoph Degenhart im Rahmen einer Ausschussanhörung im Bundestag im Dezember 2018 neben materiellen Einwänden deutliche Zweifel an der formellen Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Erlass des Außenwerbeverbots. [1]
„Das Gesetz wird einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhalten,“ prognostizierte BVTE-Hauptgeschäftsführer Jan Mücke: „Aber auch gesundheitspolitisch wäre es ein Rückschritt und zudem ein törichtes Signal an Industrie, Handel und Verbraucher in der Zeit der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg.“
Das Rechtsgutachten „Verfassungswidrigkeit neuer Werbeverbote für E-Zigaretten“ der Kanzlei Redeker Sellner Dahs können Sie hier abrufen.
[1] Stellungnahme des Einzelsachverständigen Prof. Dr. jur. Christoph Degenhart zur Anhörung vor dem Bundestagsausschuss für Ernährung und Landwirtschaft am 10. Dezember 2018, im Internet unter diesem Link des Deutschen Bundestags zu finden.
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